Rückblick auf unseren Permakultur-Workshop bei der Essbaren Stadt
Wassermanagement im Kontext des Klimawandels im Urbanen Raum
Ein Beitrag von Tina und Mareta von der Essbaren Stadt
Genießen statt Gießen – Regen statt Leitung!
Am 29. Und 30.4. hatten wir den Permakultur-Gestalter René Franz in unserer Halle Für Alle zu Besuch, der uns in einem Permakultur-Workshop bei der klima- und wasserbedachten Planung unserer Gärten unterstützt hat.
Nachdem wir uns zuvor schon mit Lern-Videos zur Theorie rund um Klimawandel, Wassermanagement und Möglichkeiten des Wasserspeicherns, ‑sparens und ‑mehrfachnutzens vorbereitet hatten, haben wir das Wochenende genutzt, um in die konkrete Planung zu kommen.
In zwei Gruppen haben wir uns an die wassersparende und hitzeverträgliche Planung unserer Gärten gemacht und zwei unserer Gärten mithilfe eines Permakultur-Design-Prozesses so geplant, dass zukünftig weniger gegossen und mehr Regenwasser genutzt werden kann. Eine der Gruppen bestand aus den Gärtner*innen von Allersberger Vespergarten, Bielingplatz, Znack Zity und Egidienplatz – unseren Kisten-Gärten – und hat sich den Bielingplatz als typischen versiegelten Hochbeet-Standort vorgenommen. Bei der zweiten Gruppe, zusammengesetzt aus Boden-Gärtner*innen von Jakobsplatz, Garten des Südens, Stadtgarten, Nordgarten und Lindengarten, wurde anhand des Jakobsplatzes getüftelt.
Beobachten, Analysieren, Entwerfen, Umsetzungsplanung – ein Permakultur-Gestaltungsprozess
Schritt für Schritt haben wir uns anhand eines Permakultur-Gestaltungsprozesses an die Wassermanagement-Planungen herangetastet. Zuerst galt es, Bestandspläne der Flächen zu erstellen: Beetstrukturen, Bäume, Wege, Wasseranschlüsse und andere Elemente wurden verzeich-net, um die Basis für die Analysephase zu schaffen.
Nach der Sammlung von internen und externen Einflüssen auf unsere urbanen Gärten haben wir mithilfe einer SWOC-Analyse Stärken (strenghts), Schwächen (weaknesses), Chancen (opportunities) und Herausforderungen (challenges) identifiziert, die es bei der Planung zu bedenken gilt. Auch soziale Faktoren wurden analysiert: Mithilfe einer Zonierung – eine typische Analysemethode der Permakultur – wurde die Relevanz verschiedener Nutzer*innen und Akteure für den jeweiligen Garten aus der individuellen Sicht der Gärtnernden eingeordnet. So können wichtige Beziehungen zur Optimierung der Gärten sichtbar werden. Bei einer kleinen Exkursion zu unserem nahegelegenen Garten des Südens in der Voltastraße haben wir nicht nur die örtlichen Gegebenheiten rund um das Wassermanagement der Fläche inspiziert, sondern auch die
sozialen Faktoren: bei einem Stadtteilspaziergang haben wir in kleinen Gruppen den Fokus auf vielversprechende Akteure und mögliche Beziehungen gelegt – von der Zusammenarbeit mit anderen Gärtner*innen über die Unterstützung beim Gießen und Pflegen bis zur Versorgung mit Mulch- und Baumaterial.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen, die von kurzen Inputs rund um Möglichkeiten des Wassersparens, Regenwassersammelns und Mehrfachnutzens von Wasser ergänzt wurden, haben die Gruppen dann Pläne erstellt, die ihre Gärten unabhängiger von Trinkwasser machen sollen.
Dabei hat sich eine Hierarchie von Maßnahmenbereichen ergeben: da das Mehrfachnutzen von Wasser in unseren Gärten wenig relevant ist (anders als in privaten Hausgärten), liegt der Fokus in urbanen Gemeinschaftsgärten hauptsächlich auf Sammeln und Sparen. Zum Sammeln von Regenwasser sind Sammlungs- und Speicherungskapazitäten relevant. Ein Input zu Dachflächenberechnung und Theorie rund um Tanks, Tonnen und technische Lösungen für Dachrinnen half den Gärtner*innen, ihre Möglichkeiten zur Regenwassernutzung besser einschätzen zu können und entsprechende Maßnahmen zu planen.
Die Ergebnisse
Am vielversprechendsten hat sich das Sparen von Gießwasser erwiesen: Durch Mulchen (Verdunstungsverringerung, Beikrautunterdrückung, Humusaufbau), gezieltes und richtiges Gießen zur richtigen Zeit, Humusaufbau (Humus speichert das 4–5‑fache seines Eigengewichts an Wasser!), trockenheitsverträgliche Pflanzplanung und Hilfsmittel wie Ollas und Tröpfchenbewässerung lässt sich der Gießaufwand deutlich reduzieren. Das spart nicht nur Wasser, sondern auch kostbare Zeit, die die Gartengruppen entlastet.
So konnten am Ende Maßnahmen festgelegt werden, mit denen die Gärten sich auf dem Weg zu einer wasserklugen Umgestaltung ihrer Flächen machen können.
Ollas: Gemeinsam werden wir Ollas basteln – das sind Tonelemente, die direkt neben den zu bewässernden Pflanzen in die Erde eingegraben werden, dort durch den Ton nach Bedarf Wasser in die Erde abgeben und dadurch den Bewässerungsaufwand reduzieren. Am Bielingplatz soll ein Direkt-Vergleichs-Experiment gestartet werden, für das unterschiedliche Hochbeete mit verschieden großen Ollas bestückt und mit Beeten ohne Ollas verglichen werden.
Tröpfchenbewässerung: Am Jakobsplatz soll ein Versuch mit Tröpfchenbewässerung gestartet werden. 2023 wird geplant und recherchiert, sodass 2024 ein sinnvolles Konzept umgesetzt werden kann, das einerseits die Zeit der Gärtnernden, andererseits wertvolles Trinkwasser spart.
Humusaufbau: Großes Thema wird zudem der Bodenaufbau sein. Es sollen noch bessere Beziehungen zu Akteuren wie SÖR, Gartenbaubetriebe oder Landwirt*innen aufgebaut werden, über die die Plätze mit Mulchmaterial versorgt werden können, was neben dem Humusaufbau auch Verdunstungsreduktion, Erosion und Beikrautunterdrückung bewirkt. Zudem sollen ausführliche Bodenanalysen Aufschluss darüber geben, durch welche Maßnahmen der Boden vor Ort verbessert werden kann. Am Jakobsplatz sollen weitere Lasagnebeete angelegt werden, mit denen am Garten schon gute Erfahrungen gemacht wurden. Am Bielingplatz wagen sich die Gärtnernden an ein Experiment mit Terra Preta, indem sie die Wasserhalte-Kapazität unterschiedlich angereicherter Beete vergleichen.
Angepasste Bepflanzung: Auch bei der Auswahl der Pflanzen kann einiges bewegt werden: Gehölze und Stauden wie Ölweide oder Mini-Kiwi, aber auch einjährige wie Mangold und Melone kommen gut mit dem sich verändernden Klima zurecht und sollen zukünftig mehr in die Pflanzplanung einbezogen werden. Für beide Plätze wurden vorerst Pflanzwünsche gesammelt, die später genauer unter die Lupe genommen und ggf. versuchsweise angebaut werden. Bei der Auswahl sind neben der Wasserbedürftigkeit auch andere Wechselwirkungen zu bedenken, die die Gießhäufigkeit reduzieren, wie Beschattung und Bereitstellung von organischem Material für Bodenaufbau. Eine spannende Plattform hat die englische Organisation Plants For A Future aufgebaut: unter https://pfaf.org/ kann nach verschiedensten Faktoren gefiltert werden, um die perfekten Pflanzen für jeden Standort und jedes Ernteanliegen zu finden.
Regenwasser sammeln und speichern: Sowohl am Jakobsplatz als auch am Bielingplatz werden Möglichkeiten der Regenwassersammlung geprüft. Herausfordernd ist dabei die Lage der Essbaren Stadt-Flächen: im öffentlichen Raum stellt sich die Sammlung und Speicherung von Regenwasser angesichts von Denkmalschutz, Vandalismusgefahr, städtischen Auflagen und baulichen Herausforderungen als nicht ganz unkompliziert heraus. An beiden Flächen sind es daher eher anliegende nicht-städtische Flächen, auf über Dachflächen von Kirche oder Schule Wasser gesammelt werden könnte. Hier gilt es, Ideen auszutüfteln und Kontakte aufzubauen.
Ein Klimagewinner-Garten: Auch für unseren Standort am Egidienplatz kamen Ideen auf: hier ist das Gießen besonders umständlich, durch die exponierte Lage trocknen die Beete schneller auf und zudem ist gerade keine stabile Gruppe vor Ort, die sich das Pflegen und Gießen aufteilen kann. Im Workshop kam die Idee für einen „Klimawandel-Gewinner-Garten“, in dem mehrjährige, natürlich essbare Stauden und Gehölze wachsen, die zur Gruppe der Klimagewinner gehören, also besonders gut mit Hitze und Trockenheit klarkommen.
So konnten wir innerhalb von zwei Tagen mit viel Praxis, Austausch, neuen Erkenntnissen und natürlich Spaß und leckerem Essen unserer Idee vom zukunftsfähigen, gemeinschaftlichen Nahrungsmittelanbau in der Stadt ein Stück näher kommen.
Möchtest du unser Projekt unterstützen? Wir freuen uns über jede Spende an das Projekt Essbare Stadt Nürnberg über die Plattform WirWunder
von der Sparkasse Nürnberg!
Mit Initiative #1000TanksfürNürnberg wollen wir die Regenwasserversorgung für Nürnbergs Gärten, Grünflächen und Stadtbäume voranbringen und unterstützen dabei parallel die Umsetzung folgender Nachhaltigkeitsziele: