Weltacker: die Entsiegelung

Ein Bei­trag von Elna Tiet­böhl, Pro­jekt­lei­tung Weltacker

Es ist voll­bracht. Der Sep­tem­ber, unser Ent­sie­ge­lungs­mo­nat. Ein lang­wie­ri­ger, aber bedeut­sa­mer Abschnitt bei der Ent­ste­hung des Weltackers.

Was versteht man unter Entsiegelung?

Im ers­ten Schritt müs­sen alle Schich­ten wie Asphalt, Beton oder Pflas­ter­stei­ne voll­stän­dig ent­fernt wer­den. Fol­gend wer­den Trag­schich­ten und Auf­schüt­tun­gen wie Schot­ter, Kies oder Splitt im Opti­mal­fall voll­stän­dig ent­fernt. Anschlie­ßend müs­sen die Boden­ver­dich­tun­gen beho­ben wer­den, indem man den Boden auflockert.

Entsiegelungsprozess auf dem Weltacker Nürnberg

Die­se drei Schrit­te wur­den auf dem Welt­acker im Sep­tem­ber 2022 durch­ge­führt. Die Schot­ter­schicht betrug beim Welt­acker ca. 50 cm, wel­che auf dem gesam­ten Gelän­de abge­tra­gen wur­de. Die Suche nach einem nähr­stoff­rei­chen Ober­bo­den begann. Die Fir­ma Gum­brecht Tief­bau, wel­che die Ent­sie­ge­lung durch­führ­te, stell­te uns eini­ge Boden­pro­ben zur Ver­fü­gung. Mit Hil­fe des Tier­gar­tens, wel­cher freund­li­cher­wei­se die Ana­ly­se die­ser Pro­ben für uns kos­ten­frei über­nahm, haben wir einen geeig­ne­ten Boden aus­wäh­len und auf dem Welt­acker­ge­län­de auf­tra­gen können.

Die­se Prü­fung ist nicht nur für die Wahl des Bodens zustän­dig gewe­sen, son­dern dien­te zeit­gleich Gerd Schlie­per (vom Fut­ter­hof, Tier­gar­ten Nürn­berg) als Grund­la­ge für die spe­zi­fi­sche Kom­post­an­rei­che­rung. Auch hier noch­mal ein Gro­ßer Dank an den Tier­gar­ten Nürn­berg für die­sen Auf­wand und die Spen­de des Komposts!

Durch die oben genann­ten Ent­sie­ge­lungs­schrit­te des ehe­ma­li­gen Park­plat­zes wird auf dem Welt­acker-Gelän­de eine opti­ma­le Boden­frucht­bar­keit und Boden­neu­bil­dung gewähr­leis­tet. Wir kön­nen den Pflan­zen und Tie­ren somit einen natür­li­chen Lebens­raum in der Stadt bieten.

Eini­ge fra­gen sich bestimmt immer noch oder immer mal wie­der: War­um ent­sie­gelt man eine Flä­che mit­ten in der Stadt?

Im fol­gen­den fin­det ihr die Grün­de, war­um Ent­sie­ge­lung in Städ­ten so wich­tig ist bzw. nicht noch mehr Flä­che ver­sie­gelt wer­den sollte:

Negative Folgen von Bodenversiegelung

Das Nie­der­schlags­was­ser kann durch ver­sie­gel­te Flä­chen nicht ver­si­ckern, wodurch unser Grund­was­ser­spie­gel sinkt. In vie­len Regio­nen Deutsch­lands gibt es Bäche und Flüs­se, die durch das Grund­was­ser gespeist wer­den. Wenn also der Grund­was­ser­spie­gel sinkt, kann es die Aus­trock­nung die­ser Fließ­ge­wäs­ser zur Fol­ge haben.

Das Regen­was­ser, wel­ches nicht ver­si­ckern kann, wird in die Kana­li­sa­ti­on abglei­tet und ver­mischt sich dort mit dem Schmutz­was­ser. Dadurch wer­den nicht nur die Kos­ten für Abwas­ser­be­sei­ti­gun­gen immer teu­rer, son­dern führt auch zur Über­las­tung der Kana­li­sa­ti­on auf­grund star­ker Regen­fäl­le. Durch die­se Über­las­tung ver­mischt sich Schmutz- und Regen­was­ser­was­ser und fließt unge­fil­tert in die Bäche und Flüsse.

Ver­sie­gel­te Flä­chen bewir­ken in Stadt­ge­bie­ten ein schnel­le­res Auf­hei­zen tags­über und eine gerin­ge­re Abküh­lung in der Nacht, was eine Über­wär­mung der Innen­städ­te in den Som­mer­mo­na­ten zur Fol­ge hat. Durch feh­len­de Vege­ta­ti­on ist die Luft dem­entspre­chend tro­cke­ner und stau­bi­ger, da kei­ne Pflan­zen­ver­duns­tung erfolgt und die Luft­schad­stof­fe und der Staub nicht mehr gefil­tert wer­den kön­nen. Die hohen Tem­pe­ra­tu­ren in Kom­bi­na­ti­on mit der Luft­ver­schmut­zung füh­ren zur soge­nann­ten „Dunst­glo­cke“ über den Städten.

Eine wei­te­re nega­ti­ve Fol­ge ist nicht nur der Ver­lust des Bodens als Natur­gut und Schad­stoff­fil­ter, son­dern auch als Lebens­raum für Tie­re und Pflan­zen sowie als Erho­lungs- und Erleb­nis­raum für Men­schen. Gera­de in Städ­ten gilt es, die­se Lebens­räu­me für Tie­re und Erho­lungs­räu­me für die Men­schen zu erhalten.

Ver­sie­gel­te Flä­chen ver­ur­sa­chen einen Bar­rie­re-Effekt, durch den zahl­rei­che frei leben­de Tie­re in ihrer Bewe­gungs­ak­ti­vi­tät ein­ge­schränkt wer­den, was mit­tel­fris­tig den Arten­rück­gang beschleunigt.

Ihr seht, es gibt vie­le Grün­de für Mensch, Boden und Tier, die für Flä­chen­ent­sie­ge­lung sprechen.

Viel­leicht regt es den einen oder die ande­re dazu an, über das Aus­maß bzw. die Not­wen­dig­keit der Flä­chen­ver­sie­ge­lung in unse­ren Städ­ten nachzudenken.

Quel­len:

Stadt Sie­gen (2006): Ver­si­ckern statt Ver­sie­geln! Infor­ma­tio­nen zur Boden­ent­sie­ge­lung und Regen­was­ser­ver­si­cke­rung. Abtei­lung Umwelt, Sie­gen, S.22

C. Hin­man (2007): Rain Gar­den. Hand­book for Wes­tern Washing­ton Homeow­ners. Desig­ning your land­scape to pro­tect our streams, lakes, bays, and wet­lands. Washing­ton Sta­te Uni­ver­si­ty – Exten­si­on Pier­ce Coun­ty, Taxo­ma, S.39.

Stadt Dort­mund : Natur­na­he Regen­was­ser­be­wirt­schaf­tung – Ent­sie­geln und Ver­si­ckern; in : Dort­mun­der Leit­fa­den “Öko­lo­gie und Woh­nungs­bau”, Heft 1, 1995

Abwas­ser­be­ra­tung der Ver­brau­cher­zen­tra­le Nord­rhein-West­fa­len: Von der Ver­sie­ge­lung zur Ent­sie­ge­lung. Stand: 28. Okto­ber 2022.


Mit einem Welt­acker in Nürn­berg möch­ten wir auf unse­ren öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck auf­merk­sam machen, ein Bewusst­sein für fol­gen­de SDGs schaf­fen sowie einen Bei­trag zu ihrer Umset­zung leisten: