Nürnberg ist eine lebenswerte Stadt. Auch wegen des städtischen Grüns: In Parks, am Straßenrand. Es spendet Schatten, kühlt, bringt innere Ruhe. Wenn die Sommer durch den Klimawandel jetzt und in Zukunft austrocknen, ist das Grün bedroht. Neue Lösungen braucht es, um das Grün in der Stadt durch ausreichend gießen erhalten zu können – im öffentlichen Raum, sowie in Privatgärten. Wie berichtet, ist die Initiative #1000TanksfürNürnberg angetreten, um die Steine ins Rollen zu bringen, und seien es nur Kieselsteine. Als Pilotprojekt fasste die Initiative den Egidienplatz ins Auge, wo spannende Herausforderungen auf sie warten sollten.
Der Wasserbedarf am Egidienplatz
Der Bedarf an neuen Gießwasserlösungen am Egidienplatz ist da: Mindestens 20 junge Bäume werden in körperlicher Schwerstarbeit von Baumpatin Lihm gegossen; dazu zählen 10 Bäume auf dem unterhalb gelegenen Theresienplatz. Weitere Helfer*innen willkommen! Aktuell gießt Frau Lihm mangels Alternativen mit Leitungswasser aus dem Hydranten. Auch die ehrenamtlichen Gärtner*innen des Essbare Stadt Gartens am Egidienplatz gießen aktuell mit Leitungswasser aus dem Pellerhaus. Und auch die Anwohner*innen bewässern ihre Balkone ebenfalls mit Leitungswasser. In Zeiten sinkender Grundwasserspiegel ist diese Situation keine nachhaltige Lösung.
Komplexität öffentlicher Raum
Die Annahme, das Aufstellen von Regentonnen im öffentlichen Raum könnte eine einfache Lösung sein, ist naheliegend, aber falsch. Einerseits gibt es zwar in der Stadt regensammelnde Dächer schier ohne Ende, andererseits ist aber der Grund und Boden, auf dem die Tonnen stehen könnten, in unterschiedlichem Privatbesitz. Die Denkmalschutzkonformität spielt zudem eine große Rolle, auch am Egidienplatz. An vielen potentiellen Aufstellorten, insbesondere neben der Egidienkirche, ist diese einzuhalten. Viele Fragen also! Was könnte daher besser sein, als die gesammelte Kompetenz zu einem Grundlagenforschungs-Workshop einzuladen, um sich in diesem Dschungel zurechtzufinden?
Entwicklungsort Grundlagenforschungs-Workshop
So trafen sich auf Einladung der Initiative #1000TanksfürNürnberg die angesprochenen Akteursgruppen im Februar in gemeinsamer Mission: Die Bewässerungssituation am Egidienplatz – als Pilotprojekt für weitere Altstadtorte – zu verbessern.
Dabei waren Tabea Baader, Studentenpfarrerin der Evangelischen Landeskirche Bayern, Pia Liehm, engagierte Baumpatin und Anwohnerin, Susanne Wagner, Leiterin der Bauabteilung im Kirchengemeindeamt Nürnberg, Karl-Heinz Enderle, Vorsitzender der Altstadtfreunde und drei Vertreter*innen der Initiative #1000TanksfürNürnberg. Zu letzteren gehörte auch Sven Latzel, Team-Coach und Facilitator von Vitale Arbeitskultur, der in seiner Rolle als Moderator frischen Wind in die Herzen und Köpfe der Teilnehmenden brachte. Als Mitdenker für transformative Prozesse war er methodisch mit allen Wässerchen gewaschen.
Weil die Stadt Nürnberg personell knapp aufgestellt ist, konnten die angesprochenen Personen aus der Denkmalschutzbehörde und von SÖR nicht persönlich dabei sein und gaben ihr Wissen im Voraus weiter, sodass es seinen Weg in den Workshop fand.
Bunte Hüte
Sven Latzel brachte die Methode der Denkhüte mit. Besonders geeignet für komplexe Problemstellungen, macht sie eine Bewertung und Verbesserung von Ideen aus verschiedenen Blickwinkeln möglich.
Nacheinander zog sich die Gruppe imaginär Hüte in fünf Farben an, die mit unterschiedlichen Betrachtungsweisen einhergehen:
- Der weiße Hut: Wer ihn aufhat, sammelt ganz objektiv alle Fakten zusammen. So bekommen alle ein gemeinsames Bild der Situation, frei von individuellen Meinungen.
- Der rote Hut: Wer ihn aufhat, bringt emotionale Aspekte ein, positiv wie negativ. Dies ist wichtig, weil Emotionen uns Menschen oft unbewusst steuern. Sie auszusprechen befreit, es ermöglicht uns, neue Wege einzuschlagen.
- Der schwarze Hut: Wer ihn aufhat, bringt die realistisch, pessimistische Sichtweise in den Vordergrund und konzentriert sich auf Risiken und Einwände. Diese müssen auch Gehör finden.
- Der gelbe Hut: Wer ihn aufhat, macht das Gegenteil vom schwarzen Hut. Er bringt die optimistisch, realistische Sichtweise in den Vordergrund und sammelt Chancen und Vorteile, damit diese wahrgenommen werden.
- Der grüne Hut: Wer ihn aufhat, denkt innovativ, traut sich an neue Ideen heran und macht kreative Vorschläge. Kritik ist hier nicht angebracht, die bringt der schwarze Hut ein.
Mit dieser Methode konnten alle Teilnehmenden umfassend und vielschichtig ihre Perspektive einbringen. Was gleich zu Beginn klar wurde: Die Problematik sah jede*r. Der rote Hut brachte sodann auch viele verschiedene Emotionen zutage, Angst und Wut waren auch darunter. Es war ungewohnt, in einer sich bis dato unbekannten Runde über Emotionen auszutauschen, aber auch erfrischend. Mithilfe all dieser Hüte gelang es allen Beteiligten, ein sehr umfassenden Bild zu zeichnen, eine sehr gute Grundlage für die Weiterarbeit.
Zwei Ideen hatten unter den gegebenen Voraussetzungen das größte Umsetzungspotential. Einerseits pilothaft einen (standortbedingt denkmalschutzkonformen) Tank zu installieren, der Regenwasser sammelt und für trockene Zeiten speichert. Andererseits in Form eines Fests am Egidienplatz, um dem Themenkomplex “(Regen-)Wasser, Bäume, Leben” Raum zu geben, und so die Lust zu wecken, sich für eine zukünftig sichere Gießwasserversorgung für Nürnbergs Grün einzusetzen.
Wie gehts weiter? – Nichts ist stetig, außer die Veränderung
Seit dem sehr motivierten Grundlagenforschungsworkshop im Februar hat sich an der Situation einiges geändert. Die N‑ERGIE möchte für Leitungsarbeiten den Egidienplatz aufgraben, weshalb der Garten der Essbaren Stadt Nürnberg vielleicht weichen muß und somit eine Nutzer*innen-Gruppe wegfällt. Trotzdem bleiben wir dran, mit dem Ziel einen Pilot-Tank aufzubauen, denn die Bewässerung der Bäume durch die Baumpatenschaften bleibt. Und vielleicht gibt es weitere Nutzer*innengruppen, die Interesse an einer Regenwasserversorgung ihres Grüns haben, mit dnen wir uns noch nicht vernetzt haben: die Gärtner*innen des Sebalder Hofgärtchens zum Beispiel…
Die gemeinsame Arbeit bei dem Grundlagenforschungsworkshop war ein sehr wichtiger Schritt in dem Prozess und ein Impuls, der den Stein in die richtige Richtung rollt!! Wir danken allen Teilnehmenden herzlich für ihre Teilnahme.
Wer sich bei der Initiative #1000TanksfürNürnberg engagieren möchte, melde sich bitte bei 1000tanks@gnn.life – wir freuen uns über jede Unterstützung!
Mit dieser Initiative, die Regenwasserversorgung für Nürnbergs Gärten, Grünflächen und Stadtbäume voranzubringen, unterstützen wir parallel die Umsetzung folgender Nachhaltigkeitsziele: